Anpassung der Sitzzahl des Gemeinderates auf 16 Sitze nach der Kommunalwahl 2024
Bereits im Vorfeld der jüngsten Gemeinderatsitzung beschäftigten sich die Ratsmitglieder nichtöffentlich mehrfach in verschiedenen Ausschüssen, Gremien und der Klausurtagung in 2021 mit der o.g. Thematik. Auch der Ortschaftsrat Tairnbach hatte die Problematik mehrfach auf der Agenda. In der Maisitzung dieses Jahrs wurde das Thema auch bereits öffentlich angesprochen. Insofern war es kein großes Geheimnis mehr. Lediglich die Anzahl war die große Unbekannte.
Schlussendlich musste in der Oktobersitzung eine finale Entscheidung durch den Gemeinderat herbeigeführt werden.
Um das Abstimmungsergebnis vorwegzunehmen: 14 Ratsmitglieder entschieden mit „Ja“, 5 Ratsmitglieder entschieden mit „Nein“ und 2 Ratsmitglieder enthielten sich der Stimme.
Damit wurde der Vorschlag der Verwaltung angenommen, was bedeutet, dass sich der in der Kommunalwahl 2024 neugewählte Gemeinderat aus 16 Sitzen zusammensetzt (vorbehaltlich eventueller Überhang- bzw. Ausgleichsmandate). Eine deutliche Sitzreduzierung gegenüber dem aktuellen Rat.
Auch innerhalb der Freien Wähler wurde die Problematik intensiv und kontrovers diskutiert, je nach Betrachtungsweise. Wie bei den Freien Wählern üblich, stimmte jedes Ratsmitglied in der o.g. Sitzung nach eigenem Ermessen ab.
In der Sitzung selbst gab GR Bruno Sauer nachfolgende Stellungnahme aus seiner Sicht ab:
„Herr Spanberger, werte Ratsmitglieder und Zuhörende,
der Gemeinderat entscheidet heute über seine künftige Normzahl. Ein Konsens über die Notwendigkeit einer Reduktion war fraktionsübergreifend in der zurückliegenden Zeit grundsätzlich festzustellen. Über die Anzahl gibt es, was nichts Weltbewegendes ist, Dissens. Die verschiedenen Meinungen in einer sachlichen, weniger emotionalen und nicht von Individualinteressen bestimmten Diskussion auszutauschen und am Ende eine demokratische Mehrheitsentscheidung zu treffen ist Aufgabe dieses TOP heute.
Weil das Thema kontrovers diskutiert wird, lege ich meine Sichtweise zu einigen vorgetragenen Argumenten dar. Abstimmen kann und soll jeder wie er es für richtig hält.
Zunächst zu den Fakten. § 25 der GemO bietet eine Bandbreite von 14 – 22 Gemeinderatssitzen. Der Gesetzgeber hat aus guten Gründen vorgesehen, dass der Gemeinderat über die Anzahl der zu wählenden Ratsmitglieder entscheidet. Dieses Verfahren ist bereits in der Urfassung der Gemeindeordnung aus dem Jahr 1955 so nachzulesen. Der Gemeinderat hat zunächst nur die „Leitplanken“ (Mindest- und Maximalzahl) einzuhalten. Innerhalb derer sind die örtlichen Verhältnisse der Maßstab. Diese bestehen im Wesentlichen, jedoch nicht nur, aus dem Bevölkerungsanteil.
Die politische Zusammensetzung des Gemeinderats wird unabhängig den anderweitig vorgetragenen Argumenten und der heutigen Entscheidung nicht durch seine zahlenmäße Größe bestimmt. Es sind die Bürgerinnen und Bürger, welche dies in Wahlen entscheiden.
Wir ändern heute nicht das Wahlrecht, was wir auch nicht können. Denn diese Entscheidungsmöglichkeit wurde bewusst dem Landesgesetzgeber vorbehalten. Die Entwicklung der nun dem GR final heute zur Entscheidung vorgelegten Sitzzahlen ist mehr als erstaunlich. Wurde auf der letztjährigen Klausurtagung noch von einer großen Mehrheit die Zahl 14 bzw. 15 befürwortet stehen wir nun bei 16 bzw. 18 Sitzen.
Im letzteren Fall würde es sich um eine marginale Reduktion um 2 GR-Sitze handeln, was den bisherigen Aufwand nicht rechtfertigen würde. Allenthalben werden Forderungen nach schlankeren Strukturen an die Politik, zu welcher auch wir gehören, gerichtet. Eine Verschlankung des Gemeinderats auf 16 fördert m. E. die Effizienz der Abläufe im Gemeinderat insgesamt. Ich habe noch nicht vernommen, dass eine größere Anzahl an Menschen in einem Raum oder einem Gremium schneller und effizienter arbeitet als ein schlankes Gremium. Zu den bisher vorgetragenen Argumenten einige Anmerkungen.
Arbeitsbelastung. 1994 habe ich mit nur einem weiteren Gemeinderat im Gemeinderat begonnen. Über zu viel Arbeit wegen des Ehrenamts habe ich mich nie beklagt. Heutige mediale Möglichkeiten (Stichwort § 41b Gemeindeordnung, soziale Medien bzw. Internet) waren nicht vorhanden. Und dennoch konnte die Gemeinderatsarbeit sehr gut bewältigt werden, trotz eines damals kleineren Gemeinderats. Seinerzeit erfuhren wir als Gemeinderäte z. B. keine entgegenkommende Berücksichtigung bei der Besetzung aller Ausschüsse wie es nach der letzten Wahl durch die vertretenen Fraktionen erfolgte. Und dennoch hat sich das auf die Mandatsentwicklung nicht negativ ausgewirkt. Dies zeigt, es kommt nicht darauf an in allen Ausschüssen usw. vertreten zu sein, sondern in der Bevölkerung als ansprechbar wahrgenommen zu werden. Diese Ansprechbarkeit war gegeben als wir zwei Gemeinderäte waren und ist auch heute noch gegeben. Man muss also festhalten, dass trotz des damals kleineren Gemeinderates dieser eine gute Arbeit geleistet hat, von deren Früchten wir heute als Gesamtgemeinde noch profitieren. Ich schätze persönliches und großes Engagement sehr. Wer jedoch die Welt-, die Europa-, die Bundes-, die Landes- und noch die Kommunalpolitik medial abarbeitet, der stößt zwangsläufig an menschliche Grenzen. Wenn lediglich der Part Kommunalpolitik „beackert“ würde, so wäre auch hier eine Freisetzung von Zeitressourcen denkbar, welche die sachgerechte Mandatserfüllung auch bei wenigen Mandaten ermöglicht. Das „Mehr,“ so meine Ansicht, ist eine sehr honorable Zugabe, die jedoch nicht durch zusätzliche Sitze des GR auszugleichen ist. Durch Ausgleichsmandate haben wir aktuell 24 Gemeinderäte und Gemeinderätinnen. Zum Vergleich, die Normzahl des Stadtrates der Großen Kreisstadt Wiesloch liegt bei 26 Sitzen. Das stellt sich bereits für mich als ein offensichtliches Missverhältnis dar. Die Entwicklung der Sitzzahlen über die Jahre hinweg und deren Anpassungen hatten jeweils ihre Berechtigung und waren i. d. R. mit politischen Ereignissen verknüpft. Auch bei künftigen Wahlen ist mit Ausgleichsmandaten zu rechnen, so dass eine deutliche Reduzierung auch dieser Konstellation Rechnung tragen würde. Der Gemeinderat ist frei nach jeder Gemeinderatswahl neu zu befinden, ob er die heutige Entscheidung rückgängig macht oder nicht. Eine Erhöhung ist immer einfacher wie eine Reduzierung, da ersteres auch eine Erhöhung der Mandate für jede politische Gruppierung bedeuten kann. Man kann sich über die verschiedenen Argumente streiten. Das ist das Wesen der Demokratie, der sachliche Streit um das beste Argument, das sich der Mehrheitsentscheidung am Ende stellt. Aber es sollten Argumente und keine Emotionen sein.
Repräsentanz Verhältnis (Anzahl der Gemeinderatsmitglieder im Verhältnis zu 8600 Einwohner.) Die Wahrnehmung von Parteien und Wählervereinigungen hängt in erster Linie von den sie vertretenden Personen ab und zwar von jeder einzelnen und nicht primär von der Masse. In 28 Jahren als Gemeinderat hatte ich in keiner sich veränderten Stärkekonstellation meiner Fraktion oder des Gemeinderats ein Problem die Gemeinderatsarbeit sachgerecht durchzuführen. Ob die Repräsentanz bei 4 Ratsmitgliedern weniger einen Ausschlag bei der Repräsentanz ergeben sei dahingestellt. Es wurden bereits viele zahlenbasierte Argumente vorgetragen. Auf diese will ich nicht weiter eingehen. Sie verkennen nämlich die dargelegten Aspekte. Die Mitglieder des Gemeinderats sind keine Zahlen in einer Statistik. Wenn das Gremium Gemeinderat und das Allgemeinwohl der Gesamtgemeinde im Vordergrund des politischen Handelns eines jeden von uns steht, ist die Frage, ob die Entscheidung für eine Reduktion eine persönliche Betroffenheit auslösen kann sekundär. Jeder Ortsteil wäre bei 16 Gemeinderäten immer noch angemessen repräsentiert. Die unechte Teilortswahl ist hierfür der Garant der politischen Teilhabe. Der Ortsteil Tairnbach hat zusätzlich eine politische Repräsentanz von 10 Ortschaftsräten und ist somit in einer komfortablen Position gegenüber den beiden anderen Ortsteilen in Bezug auf das Repräsentanzverhältnis. Dieser Aspekt darf bei der Bewertung der örtlichen Verhältnisse im Sinne der Gesamtgemeinde nicht ausgeblendet werden. Der Gemeinderat hat im Gegensatz zum Ortschaftsrat für die Gesamtgemeinde, also für alle drei Gemeinden zu entscheiden. Es ist im Gemeinderat wie auch in der Lebensrealität der Vereinslandschaft. Auch dort wird die „Hauptarbeit“ meist von wenigen und nicht von der Mehrzahl der Mitglieder erledigt. Bei den Vereinen ist der Ruf nach evidenter Vergrößerung der Vorstandschaften m. E. nicht wahrzunehmen. Einem kleineren Gremium kann m. E. mehr Effizienz zugesprochen werden, da die Entscheidungsfindung einfacher erscheint. Die Listenaufstellung bei Kommunalwahlen wird für alle Gruppierungen erleichtert. Durch eine kleinere Normzahl kann auch einer „Aufblähung“ des Rates vorgebeugt werden. Dies, da auch weiterhin mit Überhangmandaten gerechnet werden muss.
Interesse der Bevölkerung Dieses war bisher nicht sehr groß und das, obwohl das Thema spätestens seit der Sitzung in Rettigheim vom Mai dieses Jahres quasi auf dem Tisch lag. Die Bevölkerung, so scheint es, vertraut dem Gemeinderat, dass er selbst weiß, welche Größe notwendig und sinnvoll ist. Ich denke, dass sie vertraut, dass ihrer Interessen auch nach einer Anpassung angemessen vertreten wird.
Meinungsvielfalt Diese geht m. E. durch eine Reduktion nicht verloren. Es können sich immer alle äußern. Der Gemeinderat ist bei weitem nicht der einzige Ort in unserer Gemeinde, an welchem politische Diskussionen geführt und Meinungen transferiert werden. Abschließend muss selbstredend eine Weisheit in den Raum gestellt werden, die jedes länger schon amtierende Ratsmitglied bei jeder wichtigen Entscheidung kennt. Ob eine Entscheidung des Gemeinderats richtig oder falsch ist, lässt sich manchmal erst nach Jahren feststellen. Aber wir entscheiden heute zum Status quo. Da der Gemeinderat frei ist, nach jeder Wahl neu über diesen Sachverhalt zu entscheiden und auch die Verwaltung gehalten ist, nach jeder Wahl die Konstellationen neu zu bewerten, sehe ich heute keinen Verlust an Demokratie. Unabhängig der Ausführungen trage ich die am Ende getroffene Entscheidung mit.“
Für die Freie Wähler-Bürgerliste e. V.
Reimund Metzger, Gemeinderat