Emotionale Diskussion beim Thema „Windkraft“

In der jüngsten Gemeinderatsitzung durfte sich der Rat mit der Ausweisung von sog.

Windvorrangflächen befassen. Im total überfüllten Sitzungssaal entwickelte sich hierbei die erwartungsgemäß emotionale Diskussion.

Unser GR Bruno Sauer gab folgende Stellungnahme ab:

„Sehr geehrter Herr Spanberger, werte Ratsmitglieder und Zuhörende, sehr geehrte Frau Schelkman.

Ihnen Frau Schelkmann zunächst vielen Dank, dass Sie sich, das meine ich positiv, nochmals eine Vorstellung „geben“, nachdem Sie am Dienstag bereits im Ortschaftsrat sehr ausführlich die Sachlage dargelegt haben.

Sie sind in der Tat nicht zu beneiden, da Sie letztlich unter dem von der Politik unverständlicher Weise gesetzten Zeitdruck Ihren Auftrag umsetzen müssen. Hierfür wünsche ich Ihnen ein glückliches Händchen. Sicher werden Sie dabei irgendwelchen Kommunen auf die Füße treten müssen, wir hoffen natürlich, dass das nicht Mühlhausen sein wird.

Wir leben in bewegten Zeiten. Der Wind bläst uns in vielen Bereichen sprichwörtlich ins Gesicht. Die heute im Mittelpunkt stehenden Windkrafträder und das Thema Windenergie sind die Diskussion wert und diese ist auch wichtig.

Die Gemeinde Mühlhausen, der Gemeinderat hat heute Stellung als Beteiligte im Gesamtkomplex zu nehmen.

Die am konkretesten betroffene Teilgemeinde Tairnbach hat sich im Ortschaftsrat am vergangenen Dienstag ausführlich mit den Argumenten pro und contra auseinandergesetzt und sich dort die Entscheidung nicht einfach gemacht.

In der Gesamtabwägung der hierbei ausgetauschten Argumente, ist das Votum des Ortschaftsrates eindeutig, nachvollziehbar und erscheint nicht unbegründet.

Dies, da die direkte Betroffenheit der Tairnbacher Bevölkerung unbestritten ist. Des Weiteren weil die Einwendungen aus der Bevölkerung beim Ortschaftsrat noch mehr und intensiver aufgenommen wurde und wird. Der Ortschaftsrat ist das örtliche Vertretungsorgan und kann somit etwas mehr den Blick auf die rein örtlichen Interessen lenken, das ist nachvollziehbar und so auch institutionell grundsätzlich vorgesehen.


Die Entscheidung des Ortschaftsrates sollte daher nicht unberücksichtigt bleiben.

Die Prüfung von Einwendungen wird am Ende durch den Regionalverband vorgenommen und dieser ist nicht an das Votum des Gemeinde- und Ortschaftsrates gebunden.

Da sich hier im Rat wohl niemand als Fachkraft bezüglich Windkraft bezeichnen kann, sollte dieser fachlichen Expertise und der sachlichen und fachgerechten Abwägung im Regionalverband vertraut werden. Es bleibt uns letztlich auch nichts Anderes übrig.

Leider war ein echter Bürgerdialog mit tiefgehendem Austausch aufgrund der politisch erzeugten Termindichte nicht möglich. Das ist bedauerlich, da dies die Akzeptanz für Windkraft und in die Politik nicht fördert, sowie Raum für Spekulationen aufgrund nicht vorhandener Informationen schafft.

Einstimmigkeit im Gemeinderat ist wohl heute nicht zu erwarten aber auch nicht erforderlich, da eine Demokratie vom Widerstreit der Argumente und der finalen Entscheidung einer Mehrheit lebt.

Teil einer Demokratie und der Diversität von Meinungen ist insofern auch, dass sich eine Bürgerinitiative zu diesem Thema gebildet und diese ihre Sichtweisen artikuliert hat. Das ist verständlich und zwischenzeitlich ein normaler Prozess bei Vorhaben dieser Art. Insofern ist der Austausch und das Wahrnehmen der geäußerten Befürchtungen und Sorgen essentiell.

Ich persönlich gehe davon aus, dass das Land die avisierte Quote an Vorrangfläche erreichen wird. Auch denke ich, dass die Erfolgsmeldung hierfür bereits irgendwo zumindest in Textbausteinen auf einem PC gespeichert ist. Es wäre fast untypisch, wenn dem nicht so wäre.

Mit Erreichen dieser Quote an Vorrangflächen wird die als „Drohkulisse“ dargestellte sogenannte „Superprivilegierung“ aus dem BauGB (§ 249) landesweit entfallen.

D. h. wenn der Regionalverband die Einwendungen der Gemeinde Mühlhausen berücksichtigt, worauf wir hoffen aber nicht vorab vertrauen können, wird eine Erstellung von Windkrafträder an dieser einzigen Stelle beim „Windhof“ nicht mehr ohne weiteres möglich sein, da dann § 35 Abs. 2 des BauGB für beantragte Bauvorhaben greift.

Wenn wir jedoch eine Vorrangfläche dort ausweisen, dann sagt das Wort bereits, dass wir dort vorrangig Windkrafträder wollen oder konkret Fläche dafür bereithalten.

Aufgrund der diversen Ausgestaltung der Prüfkriterien in den drei Ländern Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg erscheint das Gesamtverfahren nicht sehr akzeptanzfördernd. In Hessen, wo auch „nur“ Menschen leben und auch „nur“ Wind weht, würde unser noch verbliebendes Vorranggebiet „Windhof“ bereits vorab wegen jeweils zu geringer Abstandsfläche und Windhöfigkeit ausgeschlossen werden. Diese unterschiedlichen Bewertungskriterien, die zweifelsohne souverän durch die Länder jeweils demokratisch beschlossen wurden, sind der Bevölkerung schwer zu vermitteln.

Insgesamt macht das Verfahren den Eindruck, dass die Rahmenbedingungen der Zielerreichung angepasst/untergeordnet wurden.

Wenn auch noch, wie in der Ortschaftsratssitzung geäußert wurde beabsichtigt ist, die naturschutzrechtlichen Hürden abgesenkt werden sollen, wird die Akzeptanz noch weiter sinken. Ich habe Sie Herr Spanberger noch nie so oft die Worte „Roter Milan“ aussprechen hören. Dieser Vogel war bislang ein Synonym für ein Ausschlusskriterium. Wenn dies nun nicht mehr so sein wird, dann wäre das eine bedauerliche Entwicklung, da es nicht dazu beitragen würde Vertrauen in die Verfahren zu schaffen und die Menschen in solchen Prozessen mitzunehmen.

Die Pro-Argumente vermitteln vielfach den Eindruck, dass Windkraft nur Erfreuliches mit sich brächte. Allerdings hören wir auch, dass die Belastungen bzw. die Beiträge gerecht verteilt werden müssen. Das zeigt, dass Windkraft nicht nur Positives mit sich bringt. Ansonsten, so verstehe ich das, würden dort, wo der „wirtschaftlichste Wind“ weht und die optimalsten Standorte sind, im Neckar-Odenwald-Kreis, die meisten Windkrafträder stehen. Also bringt Windkraft auch eine Belastung mit sich, ansonsten würden sich alle darum reißen. Und dass Belastungen folgen muss so auch im Rahmen der Transparenz im Verfahren offen kommuniziert werden. Die Art und Weise des aktuellen Verfahrens, dass die Politik von oben nach unten mit Zeitdruck und Terminsetzung vorgegeben hat, nimmt die Menschen nicht mit.

Aus diesem Grund und auch aufgrund der Tatsache, dass die fachliche Prüfung der Einwendungen beim Regionalverband erfolgt, folge ich heute dem Votum des Ortschaftsrates.

Gleichwohl respektiere ich als Demokrat gegensätzliche Sichtweisen auf dieses Thema. Sollten die Einwendungen des Gemeinde- und Ortschaftsrates wider Erwarten durch den Regionalverband nicht so gesehen und berücksichtigt werden, wird sich die Gemeinde ggf. mit dem Thema erneut befassen müssen.

Ungeachtet der diversen Sichtweisen auf das Thema rate ich zur Gelassenheit, da die Gemeinde letztlich nicht die entscheidende Gebietskörperschaft in dieser Angelegenheit sein dürfte, und unsere Stellungnahmen wie schon von der Verwaltung und von den den Regionalverband Vertretenden dargestellt, nicht bindend sind. Wir müssen auf den sachgerechten Abwägungsprozess des Regionalverbandes vertrauen.

Insgesamt wäre es sehr ungut, wenn aufgrund des Themas Windkraft der innere Frieden in der Gemeinde und Bevölkerung gefährdet würde, weil man sich nicht mehr sachlich miteinander austauschen kann. Der Dialog ist essentiell.“

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