Anpassung der Elternbeiträge für das Kindergartenjahr 2023/2024

In der Gemeinderatsitzung am 29.06.2023 konnte Bürgermeister Spanberger eine erstaunlich hohe Anzahl an Eltern im Sitzungssaal begrüßen.

Ausschlaggebend für diese hohe Präsenz war zum einen der o.g. Tagesordnungspunkt im Allgemeinen, zum anderen die Tatsache, dass im Vorfeld der Sitzung bekannt geworden war, der Ausschuss für Verwaltung und Finanzen würde dem Gemeinderat empfehlen, die Elternbeiträge um 8,5 % zu erhöhen.

Die Vertreter des Städte- und Gemeindetages und der Kirchenleitungen hatten für das Kindergartenjahr 2023/2024 ebenfalls eine Erhöhung der Elternbeiträge um 8,5 % empfohlen, um das angestrebte Ziel eines Kostendeckungsgrades von 20 % durch Elternbeteiligung zu erreichen.

Derzeit liegt der Kostendeckungsgrad in Mühlhausen bei 13,2 %, mit einer Erhöhung der Elternbeiträge um 8,5 % läge dieser bei 14,3 %.

Am 20.06.2023 fand die Sitzung des Kindergartenkuratoriums statt. Aus den dort geführten Beratungen ging die Empfehlung hervor, die Kindergartenbeiträge, entgegen der Empfehlung des Ausschusses für Verwaltung und Finanzen, nur um 4,25 % anstatt um 8,5 % zu erhöhen.

Im Rat entwickelte sich zu der Thematik eine kontroverse Debatte. Die Freien Wähler bezogen hier eine eindeutige Position. Die beiden Stellungnahmen unserer Ratsmitglieder Lisa Martin sowie Bruno Sauer geben wir hier wieder:

GR Lisa Martin:

„Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Ratsmitglieder,

ich sitze hier als Gemeinderatsmitglied für die Freie Wähler Bürgerliste e. V., aber ich sitze hier auch als Mutter von zwei kleinen Kindern, wovon bereits ein Kind die Krippe in Rettigheim besucht. Dementsprechend bin ich eine direkt betroffene Mutter von den Anpassungen der Elternbeiträge.

Mit überraschen und auch Entsetzen habe ich die zunächst avisierte Erhöhung der Beitragserhöhung von 8,5 Prozent in Vorbereitung auf die Kindergartenkuratoriumssitzung wahrgenommen. Dies wäre ab September für meine beiden Kinder (ein Kind in der Krippe / ein Kind dann im Kindergarten) ein Beitrag von 686 Euro (jetzt 632 Euro / 4,25 Prozent 659 Euro) ohne Mittagessen gewesen.

Viele Familien stehen bereits jetzt vor der Frage, ob es überhaupt lohnenswert ist, arbeiten zu gehen oder die Kinderbetreuung zu Hause zu gestalten. Das derzeitige Nettoeinkommen einer Familie mit zwei Kindern liegt in Baden-Württemberg bei circa 4000 Euro netto. Schon jetzt belaufen sich die Elternbeiträge auf Rund 16 Prozent dieses Nettoeinkommens.

Jedoch haben wir gerade im Kindergartenkuratorium gehört, wie wichtig auch schon die frühe Förderung für die meisten Kinder ist. Der Umgang mit Gleichaltrigen ist für die Entwicklung eines Kindes unfassbar wichtig und sollte nicht am Einkommen einer Familie abhängig gemacht werden. Weiter würden dann die Einzahlungen in die Rentenkasse und Steuerzahlungen des zu Haus bleibenden Elternteils fehlen, welches dann in späterer Zeit wieder negative Auswirkungen hat.

Selbstverständlich müssen Kosten im Gemeindehaushalt gedeckt werden, die Inflation liegt immerhin bei grob 8 Prozent, wobei sie wahrscheinlich in den nächsten Jahren auch wieder sinken wird. Ob diese Deckung jedoch auf dem Rücken von jungen Familien ausgetragen werden muss, möchte ich hinterfragen. Die Gemeinde hat mit der Sozialstaffelung ein Instrument installiert, um Familien in der Gemeinde Mühlhausen zu unterstützen. Jedoch ging bis dato kein einziger Antrag ein. Die hierfür zurückgehaltenen Gelder könnte man also sehr gut allen Elternteilen nun zugutekommen lassen und die Beiträge auch nicht um die 4,25 Prozent erhöhen.

Auch möchte ich darauf hinweisen, dass die 4,25 Prozent nicht im Kindergartenkuratorium beraten wurden. Den Anwesenden Elternbeiratsvertretern wurden die Kostenerhöhung präsentiert und daraufhin seitens der anwesenden Gemeinderäte gefragt, wie das Gefühl der Elternschaft ist. Hierbei kamen dann große Vorbehalte zum Vorschein. Diskutiert oder Empfehlungen über doch nun erstaunlichen 4,25 Prozent gab es nicht. Zumal eine Empfehlung des Finanzausschusses die oben genannten 8,5 Prozent vorsah. Der Vorgang, wie es nun doch zu den 4,25 Prozent kommen kann, ist für mich nicht transparent, hat doch unser Fachausschuss eine andere Empfehlung, nämlich 8,5 Prozent, vorberaten und an den Gemeinderat vorgeschlagen.

Abschließend möchte ich noch den Kindergärten unsere Gemeinde und Frau Hofmann und Frau Sommer für die wirklich umfangreiche, unermüdliche und tolle Arbeit danken und kurz an unser Leitbild der Gemeinde erinnern. Dieses lautet: „DIE Gemeinde für Jung und Alt!“ und eins unserer Oberziele wurde als „Stärkung der Bildungs- und Betreuungsangebote“ festgehalten.

Ich bitte jedes einzelne Ratsmitglied dieses Oberziel bei der Abstimmung im Auge zu behalten. Mit unseren hohen Betreuungskosten sind wir nämlich keineswegs eine attraktive Gemeinde für Jung und Alt, zumal die Kosten in den Nachbargemeinden teilweise um ein Vielfaches günstiger sind.

GR Bruno Sauer erkennt an, dass Deckungsgrade wichtig und richtig sind. Allerdings kann man nicht einfach die Sichtweise welche diesbezüglich gerade passend erscheint als die seligmachende darstellen und hiervon abweichende als nicht finanzpolitisch genügend emphatisch ansehen.

Als wir uns vor einigen Jahren über die Anpassung der Deckungsgrade der Bestattungsgebühren unterhalten haben, dort trifft es weitaus weniger Menschen als bei Kiga-Gebühren, wurde nicht mit notwendigen Kostendeckungen argumentiert, sondern, nach Möglichkeiten gesucht, wie man Entlastungen für bestimmte Bestattungsformen finden kann. Insofern hat es nichts mit Wahrheiten zu tun, welche man zur Kenntnis zu nehmen hat, sondern schlicht mit Abwägung. Diese können nun mal individuell ausfallen. Das macht auch die Entscheidungsfindung in einer Demokratie gerade aus, dass nicht alle die gleiche Sichtweise und den gleichen Sichtwinkel haben und haben müssen.

Der Spagat der Verwaltung, einerseits den Haushalt und die Empfehlungen der Verbände und Institutionen im Blick zu haben, wird gesehen. Aber die Abwägung diese Vorgaben mit einer erträglichen Belastung der Bürgerschaft in Einklang zu bringen ist das andere.

Es wird auch künftig Empfehlungen eines Ausschusses geben. Das ist die Aufgabe eines Ausschusses. Eine Empfehlung ist eine Arbeitsgrundlage für den Gemeinderat. Daran kann, daran muss der GR sich nicht gebunden fühlen. Denn der GR ist das beschließende Hauptorgan der Gemeinde und dort sitzen mehr Mitglieder als in einem Ausschuss.

Finanzielle Leitplanken sind richtigerweise beschlossen worden. Wird das „Fahrzeug Gemeinde“ jedoch innerhalb der Spur gesteuert, so ist das in Ordnung. Ob eine Entscheidung richtig oder falsch ist, ist individuelle Sichtweise und kann nicht dogmatisch festgelegt werden. Daher muss grundsätzlich vorausgesetzt werden, dass individuelle Bewertung von Entscheidungen ist sachgerecht abgewogen sind.

Für die Freie Wähler-Bürgerliste e. V.

Reimund Metzger, Gemeinderat

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