Grundsteuerreform seit Jahresbeginn 2025 in Kraft

Erlass einer Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer
(Hebesatzsatzung) im November beschlossen

Für den einen wird der neue Grundsteuerbescheid eine nachträgliche „Frohe Botschaft“, für den anderen eine „Hiobsbotschaft“ sein.

Auslöser der Grundsteuerreform war ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in 2018, nachdem die bisherigen jahrzehntealten Bewertungsrichtlinien als ungerecht erachtet wurden. Es behandle gleichartige Grundstücke unterschiedlich und verstoße damit gegen das Gleichbehandlungsgebot.

Beim „baden-württembergischen Sonderweg“ wird die Grundsteuer zu einer reinen Bodenwertsteuer, der Wert der Bebauung wird außer Acht gelassen. Somit wird es bei dieser Reform Gewinner und Verlierer geben. Die Belastung für Gewerbetreibende wird eher geringer, Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern mit größeren Grundstücken müssen mit einer Mehrbelastung rechnen.

Dass dies selbst von Rathauschefs unterschiedlich beurteilt wird, zeigen Aussagen von OB E. Würzner (Stadt Heidelberg) und Bürgermeister J. Spanberger.

Zitat Würzner (RNZ v. 17.12.24) „… dass die Grundsteuerbeträge insbesondere von Ein- und Zweifamilienhäusern mit größeren Grundstücken deutlich steigen werden. Dadurch würden diejenigen, die ihre Grünflächen nicht bebaut haben, bestraft. Die neue Regel belohnt die maximale Nachverdichtung von Grundstücken. Das ist nicht gerade ideal für die Klimaanpassung“.

Zitat Spanberger (RNZ v. 03.01.25) „… laut der Befragung könnten Eigentümer sich nur für 29 Grundstücke von den 211 eine Veränderung vorstellen, aber nicht sofort. Wir können niemanden zwingen. Vielleicht sorgt die Grundsteuerreform für ein Umdenken. Da werden die Belastungen für unbebaute Grundstücke steigen – auf denen Platz wäre für eine Innenverdichtung!“

Ausblick: Die nächste, der nach neuem Recht regelmäßig vorzunehmenden Hauptfeststellung wird dann zum 01.01.2029 durchgeführt und erstmals auf die Grundsteuer 2031 angewandt.

In der Gemeinderatsitzung am 28.11.2024, bei der die neuen Hebesätze für unsere Gemeinde beschlossen wurden, gab für die Freie Wähler – Bürgerliste e.V. unser Finanzexperte Oliver Grigoras-Stelli nachfolgende Stellungnahme zu der Thematik ab:

„Liebe anwesenden Bürgerinnen und Bürger, liebe Gemeinderäte und liebe Verwaltung,

zunächst möchte ich mich bei unserer Kämmerei für die sehr verständliche und transparente Präsentation bedanken. Ich kann mich noch sehr gut an die Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses erinnern, bei der ich darum gebeten habe, dass das Verfahren zur Neufestsetzung der Grundsteuer, die Rolle der Gemeinde und die Auswirkungen auf unsere Bürgerinnen und Bürger so transparent wie möglich präsentiert werden soll, damit wir bereits frühzeitig unsere Bürgerinnen und Bürger ausreichend informieren können. Dieser Bitte sind Sie mit der heutigen Präsentation nachgekommen.

Nachdem ich ein Blick in die Runde geworfen habe, kann ich feststellen, dass mit Ausnahme des Vertreters der Rhein-Neckar-Zeitung alle anwesenden Personen (darunter auch die Gemeinderäte) von der Festsetzung des Hebesatzes unmittelbar betroffen sind.

Besonders in Baden-Württemberg gibt es kaum ein Thema, dass seit Monaten die Nachrichten in den Gemeinden so dominiert, wie die Festsetzung der neuen Hebesätze ab dem 1. Januar 2025. Kurz vor Jahresende sind auch wir an der Reihe und die lange Hängepartie für unsere Bürgerinnen und Bürger wird endlich beendet.

Eins ist klar, die heutige Festsetzung des Hebesatzes ist für uns als Gemeinde alternativlos. Selbst dann, wenn wir feststellen, dass die Neuregelung zur Grundsteuerfestsetzung (auch baden-württembergisches Modell genannt) zu Verschiebungen führt, aus der viele Verlierer, aber auch Gewinner hervorgehen und wir so höchstwahrscheinlich in vielen Fällen Wut und Frustration bei unseren Bürgerinnen und Bürgern auslösen werden.

Aber warum ist das so? Das liegt daran, dass am Ende eines jeden Grundsteuerbescheids statt der Signatur „Mit freundlichen Grüßen Ihr Landtag Baden-Württemberg“ die Signatur „Mit freundlichen Grüßen Ihre Gemeinde Mühlhausen“ zu finden sein wird. Zwar stehen die Einnahmen aus der Grundsteuer ausschließlich den Gemeinden zu, aber im Rahmen der Grundsteuerfestsetzung sind wir das letzte Glied in der Festsetzungskette. Das Baden-Württemberg bei der Berechnung der Grundsteuer nur die Grundstücksfläche und den Bodenrichtwert heranzieht, war eine Entscheidung des Landtags Baden-Württemberg. Baden-Württemberg wollte einen Sonderweg gehen und den müssen wir als Verwaltung und Gemeinderat jetzt folgen.

Die heutige Sitzung ist somit der falsche Ort, an dem wir als Gemeinderäte gemeinsam mit der Verwaltung darüber philosophieren, ob das neue Verfahren verfassungsgemäß ist oder nicht. In unserer Zuständigkeit liegt letztlich nur die Festlegung des Hebesatzes. Mit dem heutigen Beschluss legen wir einen Hebesatz von 170% fest und folgen somit dem Gebot der sogenannten „Aufkommensneutralität“. Leider wurde dieser Begriff in der politischen Öffentlichkeit oftmals falsch interpretiert und teilweise auch den Bürgerinnen und Bürgern zugesprochen, obwohl es sich ausschließlich um einen Begriff für die Kommunen handelt.

Für uns als Gemeinde bedeutet „Aufkommensneutralität“, dass wir trotz eines angespannten Finanzhaushaltes darauf verzichten, die Grundsteuereinnahmen in Summe im Vergleich zum Vorjahr zu erhöhen. Dies ist nicht der Regelfall, denn es gibt auch Gemeinden, die mit dem neuen Grundsteuerverfahren bewusst Mehreinnahmen erzielen möchten. Ein Beispiel hierfür wäre die Stadt Wiesloch. Gleichwohl muss unseren Bürgerinnen und Bürgern klar sein, dass wir die Grundsteuereinnahmen des Vorjahres als Schwelle nicht unterschreiten dürfen, da wir uns ansonsten finanziell erheblich ins „eigene Fleisch“ schneiden würden.

Es liegt jetzt an der Verwaltung, dass wir die Bürgerinnen und Bürger zum neuen Grundsteuerverfahren ausführlich informieren und über die einzelnen Verfahrensabschnitte sensibilisieren. Dabei nehme ich auch alle Gemeinderatsmitglieder (mich eingeschlossen) in die Pflicht, als Multiplikatoren aufzutreten und bei Bedarf den Bürgerinnen und Bürgern Rede und Antwort zu stehen. Daneben müssen wir auch darauf achten, dass das Festsetzung- und Erhebungsverfahren reibungslos abläuft und die Bürgerinnen und Bürger von verwaltungstechnischen Fehlern (fehlerhafte Angaben und Werte etc.) verschont bleiben.

Abschließend möchte ich noch zwei Dinge anmerken. Als Gremium setzen wir ein gutes Zeichen, dass wir auf die Neueinführung einer Grundsteuer C (besondere Besteuerung unbebauter Baugrundstücke) absehen. Das zeigt, dass wir, sofern uns ein Ermessensspielraum seitens des Gesetzgebers eingeräumt wird, auch Entscheidungen zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger treffen.

Daneben möchte ich noch anmerken, dass bei der Erhebung von Steuern durchaus eine Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern geschaffen werden kann, sofern wir mit den Steuereinnahmen sinnvolle und vorausschauende Investitionen tätigen und das Geld nicht sinnlos „aus dem Fenster schmeißen“. Das sollten wir uns bitte alle zu Herzen nehmen.

Abschließend kann ich festhalten, dass die Fraktion Freie Wähler-Bürgerliste e.V. Mühlhausen dem Beschluss zur Festsetzung des Hebesatzes auf 170% zustimmen wird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“

Für die Freie Wähler-Bürgerliste e. V.

Reimund Metzger, Gemeinderat

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