Einrichtung einer Ganztagesgrundschule in Mühlhausen
In der jüngsten Gemeinderatsitzung musste sich das Gremium mit der o.g. Problematik beschäftigen bzw. zunächst einen Sachstandsbericht zur Kenntnis nehmen.
Am 11.10.2021 wurde das Ganztagesförderungsgesetz (GaFöG) beschlossen. Dies bedeutet, dass alle Grundschulkinder ab dem Schuljahr 2026/2027 einen Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung haben. Begonnen wird im August 2026 mit der ersten Klassenstufe. Der Anspruch wird in den Folgejahren sukzessive um je eine Klassenstufe ausgeweitet, damit ab August 2029 jedes Grundschulkind bis zum Beginn der fünften Klassenstufe diesen Anspruch hat. Eine Pflicht, das Betreuungsangebot in Anspruch zu nehmen, besteht nicht; Eltern entscheiden individuell nach ihrem Bedarf.
Die verschiedenen „Wahlmöglichkeiten“ wurden dem Rat durch den Schulleiter der Kraichgauschule Mühlhausen, Herrn Menges, sowie dessen Stellvertreterin, Frau Botz, ausführlich vorgestellt.
Es handelt sich hierbei zum einen um die „verpflichtende Ganztagsschule“, oder die „Ganztagsschule mit Wahlform“ oder die „Halbtagesschule“ in der aktuellen Form.
Zu der Thematik wurden seitens der Verwaltung schon mehrere Infoveranstaltungen sowie eine gezielte schriftliche Umfrage an die betroffenen Eltern durchgeführt. Da die Rückmeldungen zu dieser Umfrage äußerst dürftig waren (lediglich 40 % Rückläufer), kann aufgrund der aktuellen Datenlage kein eindeutiges Stimmungsbild festgestellt werden.
Trotz allem wird sich der Gemeinderat im Laufe des zweiten Quartals 2025 entscheiden müssen, ob und in welcher Form die Ganztagesschule eingeführt wird.
Zum Thema gaben für die Freie Wähler – Bürgerliste e.V. die GR Bruno Sauer sowie GR Oliver Grigoras-Stelli eine Stellungnahme ab:
GR Bruno Sauer bedankt sich bei der anwesenden und ausführenden Schulleitung und den Vertretern der Verwaltung für die Darstellung des Themas Ganztagsschule sowie der Fragebogenaktion.
Er führt aus, dass die Rückläufe auf die Fragebogenaktion sehr bedenklich gering angesichts der Tragweite der durch den GR zu entscheidenden Frage der Schulform sind. Über die Gründe für diese nicht optimale Rücklaufquote kann nur spekuliert werden.
Die Schulform, über die wir entscheiden müssen, betrifft zwei große Bereiche. Zum einen den pädagogischen Bereich, „die Anbieter“ des Bildungsangebotes und die Familien, welche „die Empfänger” dieses Angebots an die Schule entsenden. Wir werden durch unsere zu treffende Entscheidung in die jeweilige familiäre Sphäre eingreifen und hier sind unterschiedliche Ausgangssituationen vorzufinden. Dies, da durch die jeweilige beschlossene Schulform die schulpflichtige Zeit der Schülerinnen und Schüler definiert wird.
Die Entscheidung sollte daher wohl bedacht sowie an den örtlichen Gegebenheiten und auch an den umsetzbaren Möglichkeiten ausgerichtet werden.
Wer nicht täglich mit dem Thema befasst ist, wird nach dem heutigen Sachstandsbericht sicher noch nicht alle für eine fundierte Entscheidung notwendigen Argumente ausmachen können.
Daher wird angeregt, da die Fragebogenaktion, wie schon erwähnt nicht zu tiefgehende Rückschlüsse zulässt, mittels offensiver Öffentlichkeitsarbeit ggf. noch Stimmungsbilder aus der betroffenen Elternschaft zu erlangen.
Eingehende Hinweise sollten in die Vorbereitung der Entscheidung einfließen und dem Gemeinderat zugänglich gemacht werden.“
GR Oliver Grigoras-Stelli:
„Liebe Frau Botz, lieber Herrn Menges und liebe Frau Hoffman,
für die aufschlussreiche Präsentation und Federführung bei diesem Projekt möchte ich mich bedanken. Als Familie mit zwei Kindern im Alter von 2 und 4 Jahren sind wir selbst von diesem Thema unmittelbar betroffen.
Wir als Familie haben uns auch bereits mit den Auswirkungen, die sich aufgrund der Einführung einer Ganztagsschule ergeben können, auseinandergesetzt. Meine nachfolgenden Ausführungen sollen jedoch wertneutral betrachtet werden, da ich im Moment weder Verfechter noch Kritiker der Ganztagsschule bin, denn wir als Familie haben selbst noch nicht abschließend entschieden, ob uns dieses Format zusagt.
Aufgrund der Ausführungen von Herrn Menges möchte ich jedoch feststellen, dass mit der Einführung einer verpflichtenden Ganztagsschule es den Eltern rechtlich unmöglich gemacht wird, an Tagen, an denen der Ganztagsbetrieb läuft, ihre Kinder regelmäßig früher aus der Schule abzuholen, denn es besteht eine gesetzliche Schul- bzw. Anwesenheitspflicht.
Wir als Gemeinderat sollten uns deshalb sehr bewusst machen, welche Tragweite die verpflichtende Einführung einer Ganztagsschule haben kann. Der Gemeinderat entscheidet letztlich darüber, ob Eltern ihre Kinder zwischen 12 bis 13 Uhr oder erst zwischen 15 bis 16 Uhr abholen können. Die Eltern sind in diesem Fall fremdbestimmt und der Gemeinderat greift in einen höchst sensiblen Entscheidungsbereich der Familien ein, womöglich sogar das höchste Gut einer Familie (“wann und wo mein Kind ist”).
Meine Familie nehme ich hier selbst als Beispiel. Ihr werdet letztlich darüber entscheiden, ob meine Frau und ich während der Woche unsere Kinder bereits zwischen 12 und 13 Uhr abholen und den weiteren Nachmittag familienintern gestalten können oder wir unsere Kinder erst zwischen 15 bis 16 abholen dürfen. Ich bitte Euch darum, diesen Aspekt bitte ganz genau vor Augen zu halten und bei der späteren Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.
Mir ist bewusst, dass es eine Vielzahl an Eltern gibt, die auf den Ganztagsbetrieb angewiesen sind. Es gibt aber auch eine Vielzahl an Eltern die es nicht sind, sodass die Gemeinde für mein Dafürhalten eine selbstbestimmte Flexibilität (Mischform) schaffen sollte.
Ich möchte auch noch einen weiteren Punkt hervorheben. Im Rahmen der Präsentation musste ich feststellen, dass regelmäßig von der Einbindung der Vereine gesprochen wird und für mich der Anschein entsteht, dass das Konzept der Ganztagsschule nur dann funktionieren kann, wenn ausreichend Vereine mitwirken.
Leider muss ich auch feststellen, dass die Vereine noch nicht wirklich darüber in Kenntnis gesetzt wurden, welche tragende Rolle sie in Zukunft bei diesem Konzept spielen sollen. Der Verweis auf Erfahrungen im Bereich der Sekundarstufe reichen meines Erachtens nicht aus. Ich bitte die Verwaltung darum, alsbald Gespräche mit den Vereinen zu führen, damit sich diese auch frühzeitig einbringen können.
Für die Freie Wähler-Bürgerliste e. V.
Reimund Metzger, Gemeinderat
