Fachkräftemangel im Pflegebereich auch in unserer Gemeinde massiv spürbar

Dramatischer Sachstandsbericht durch die Sozialstation Letzenberg

In der Dezembersitzung befasste sich der Gemeinderat u.a. auch mit der aktuellen Situation in der ambulanten Pflege in der Gemeinde. Auslöser hierfür war eine Art „Hilferuf“ der Sozialstation Letzenberg, die aktuell einen Aufnahmestopp für neue Patienten/innen verhängt haben.

Auf Einladung der Verwaltung waren zwei Vertreterinnen der Sozialstation Letzenberg sowie eine Vertreterin vom Caritasverband Heidelberg bei der Sitzung zugegen.

Frau Förderer (Sozialstation) berichtete hierbei über ein massiv erhöhtes Arbeitsaufkommen, welches mit dem aktuellen Personalbestand beinahe nicht mehr zu bewältigen sei. Deshalb habe man sich als erste Maßnahme für einen Aufnahmestopp entschieden. Zusätzlich habe man in der jüngsten Vergangenheit aufgrund fehlenden Personals auch auf Leiharbeitskräfte zurückgreifen müssen. Da diese im Schnitt ca. 50 % mehr als fest angestellte Mitarbeiterinnen kosten, kann hier nicht kostendeckend abgerechnet werden.

Grundsätzlich sei die Sozialstation zwar gemeinnützig, will/muss sozusagen keine Gewinne erzielen, aber „drauflegen“ will man natürlich auch nicht.

Der Fachkräftemangel sei überall zu spüren. Um neue Mitarbeiter/innen im Pflegebereich zu gewinnen reicht es eben nicht aus, einen Corona Bonus auszubezahlen und Applaus zu spenden !

Laut Auskunft der Verwaltung darf die Gemeinde die Sozialstation aber nicht finanziell unterstützen, selbst die Bereitstellung von Infrastruktur für nur eine Einrichtung wäre eine nicht zulässige wirtschaftliche Förderung. Das Kommunalrechtsamt habe klar ausgedrückt, dass dies Aufgabe der Landkreise, der kreisfreien Städte, Träger der Sozialhilfe bzw. der Pflegeversicherung sei. Im vorliegenden Fall wäre z. B. die katholische Kirche als Träger in der Pflicht nach Verbesserungsoptionen zu suchen. Insofern sind der Gemeinde rechtlich die Hände gebunden. Die Gemeinde hat, auch im Rahmen der Daseinsfürsorge, alle gleich zu „fördern“.

Der Antrag eines politischen Mitbewerbers, auf welche Art und Weise man der Sozialstation helfen kann, wurde mehrheitlich vertagt.

Für die Freien Wähler gab GR Bruno Sauer zu der Problematik eine Stellungnahme ab:

„Die Fraktion der Freie Wähler-Bürgerliste e. V. dankt den anwesenden Vertreterinnen der Sozialstation zunächst für ihr Kommen. Wir wissen, dass dies gerade in Pandemiezeiten auch für Sie bei Ihrem bestehenden Termindruck nicht einfach und eine zusätzliche Belastung ist. Des Weiteren danken wir Ihnen für ihren engagierten Vortrag und ihre segensreiche Tätigkeit für die Allgemeinheit. Die Arbeit der Sozialstation wird fraktionsübergreifend gewertschätzt, dessen können Sie sich sicher sein. Richtigerweise haben Sie darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, das Thema Pflege in den Fokus der gesellschaftlichen Diskussion und erst recht in den Gemeinderat als Multiplikationsmedium zu bringen. Der Gemeinderat als Ganzes sieht sich jedoch einer vielfältigen Anzahl an Interessen, die an ihn gerichtet werden, gegenüber. Als Beispiel möchte ich Ihnen Folgendes aufzeigen. Vor ca. 1 Jahr hat eine Fraktion hier im Rat beantragt, eine Bonuszahlung für die Erzieherinnen, welche in der ersten Welle der Pandemie gearbeitet und sich der Gefährdungslage ausgesetzt haben, zu zahlen. Diese Fraktion wurde heftigst für diesen Antrag kritisiert, da man zu viele Gruppierungen (Feuerwehr, Polizei, Pflegepersonal etc.) habe, welche sich in der Pandemie auch unter Gefährdungssituationen engagiert haben. Ich will damit die nicht einfache Arbeit des Gemeinderats darstellen, der stets Interessen abwägen und dabei mit Bedacht vorgehen muss. Ihre elementare Arbeit in einer tragenden Säule unseres Sozialstaats, der Pflege, soll damit in keiner Weise in Frage gestellt oder geschmälert werden. Ihre Wünsche/Forderungen sind alle nachvollziehbar und auch berechtigt. Es ist uns als Freie Wähler auch bewusst, dass Applaus und warme Worte keine Miete bezahlen und gute Pflege gutes Geld kostet und kosten muss. Der Name Sozialstation ist ein Qualitätssiegel und der Ruf ist bestens. Ohne Pflege keine Gesundheit und ohne Gesundheit keine Arbeitskraft, welche das notwendige Geld erwirtschaftet. Es ist ein Kreislauf, der nicht einfach ist. Das Thema Pflegenotstand, Sie haben es plastisch formuliert, „der Arbeitsmarkt ist leergefegt“, kann der Gemeinderat nicht lösen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. In Berlin hat sich dieser Tage eine neue Regierung gebildet. Im Wahlkampf haben sich die konkurrierenden Parteien mit Lösungsansätzen nicht in Zurückhaltung geübt. Nun gilt es den Worten auch Taten folgen zu lassen. Hoffen wir, dass dem Anfang nicht nur ein Zauber innewohnt, sondern sprichwörtlich ein Ruck in diesem Bereich durch die Gesellschaft gehen wird. Die Verwaltung hat die Rechtslage dargestellt, wonach u. a. die Gemeindeordnung es untersagt solche Unterstützungszahlungen (die als Wirtschaftsförderung verstanden werden könnten) zu leisten, die wir sicher geleistet hätten. An dieses Recht sind wir gebunden und die Unterstützung muss durch den Sozialhilfeträger erfolgen. Geld ist wie so oft nicht das Glückseligmachende aber es kann durchaus helfen Situationen zu lösen. Wir begrüßen auch den avisierten Runden Tisch. Ein solcher hat sich bewährt. Selbst die Deutsche Einheit begann an einem Runden Tisch. Alle „Player“ an einem Tisch kann zu Synergieeffekten führen. Wie die Verwaltung ausgeführt hat, ist dieser Runde Tisch bereits durch sie angefragt worden, kann jedoch erst nach dem Abklingen der pandemischen Akutphase realisiert werden. Ihr positiver Ansatz des Umbaus der Fahrzeugflotte auf E-Mobilität ist aufgrund der vielen Kurzstrecken Ihrer Fahrzeuge zu begrüßen. Allerdings wird die Gemeinde wohl nicht alle notwendigen Ladestationen auf Kosten der Allgemeinheit bereitstellen können. Hier gilt es weitere Lösungen zu suchen. So die Gemeinde im Rahmen ihres Klimaschutzkonzepts etwas dafür tun kann, wird die Verwaltung diese Optionen sicher prüfen.

Auch der angesprochene fehlende Parkraum ist nachvollziehbar. Wir haben in der Gemeinde einen hohen Parkdruck. Allein das Freihalten des Platzes vor dem Rathaus von Fahrzeugen hat zu erheblichen Diskussionen und Anfragen usw. geführt und diese Sache ist noch nicht befriedet. Sie sehen, der Gemeinderat muss stets einen Spagat vollziehen.

Zum Abschluss möchte Ihnen nochmals die Anerkennung und den Respekt unserer Fraktion versichern. Wir wünschen Ihnen, dass sich im Bereich Pflege etwas bewegt. Der längste Weg beginnt bekanntlich mit dem ersten Schritt, diesen haben Sie heute hier durch Ihre Anwesenheit und Ihren Vortrag bereits getan. Der vorliegende Antrag lässt hinsichtlich der Form und des Aufbaus leider nicht deutlich erkennen, was genau erreicht werden soll. Hier muss ich mich den Ausführungen von Gemeinderatskollege Drabant anschließen. Das Thema Pflege ist zu wichtig und zu wertvoll, es heute einer Kampfabstimmung zuzuführen. Daher die Frage, ob man sich mit einer Einbringung in die nächste Sitzung, dann vielleicht nur mit den geforderten Maßnahmen, anfreunden könnte? Damit ist sicher eine breite Unterstützung zu erwarten, was der Sache gerecht würde.“

Für die Freie Wähler-Bürgerliste e. V.

Reimund Metzger, Gemeinderat

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